Mit Schirm, Schaf und Gebrüll

Ponyreiten im Regen

Kennst du das, wenn du schon mit so einem bestimmten Gefühl in ein bevorstehendes Abenteuer tauchst? Wenn du deine aktuelle Situation in Real-Time siehst, aber sich rund um dich Dinge und Situationen in Zeitlupe auf dich zubewegen und du spürst, jetzt gleich wird der Normalgeschwindigkeits-Button gedrückt und dann heißt es High-Performance? Nein? Verstehe ich, ist ein bisschen kompliziert ausgedrückt. Ich versuchs mit einer Geschichte begreiflicher zu machen.

Wir gehen Ponyreiten

Meine Tochter hat es sich so gewünscht, obwohl sie immense Angst vor jedem Lebewesen hat. Aber sie meint, sie will Ponyreiten. Na gut. Dann machen wir eben so eine Art Schnupperstunde mit anderen Kindern. Das Ganze ist an jeweils drei Nachmittagen angesetzt. Beim ersten Mal wollte sie das Mini-Pony nicht mal ansehen, so sehr hat sie sich gefürchtet. Beim zweiten Mal sollte sie sich dann drauf setzen. Na bravo, das erfordert viel Feingefühl meinerseits. Und ausgerechnet zu Stunde zwei habe ich auch das Baby mit dabei, keine Betreuung verfügbar. Kann ja wohl kein Problem sein. Mein erster Gedanke an diesem Tag ist: Kind in Buggy, schaut zufrieden zu und ich kann mich der Großen widmen. Als ich an diesem Tag jedoch von Terminen zu Mittag nach Hause komme, erörtert mir mein Mann, dass das Baby gerade erst aufgewacht ist. Ich rechne kurz im Kopf. Scheiße. Das heißt: Müde genau zum Ponyreiten. Also du siehst schon, da schwebt über mir diese Blase mit der Info: “Baby wird müde sein und Einschlafbegleitung brauchen, während großes Kind vom Pferd gefressen wird”.

Das Abenteuer beginnt

Es ist an diesem Tag irrsinnig heiß, ich habe Stress, weil ich doch hoffe, das Baby hält zum Wohl aller noch schnell einen Powernap im Auto, und ich packe nicht viel ein. Hauptsache Windeln für den Notfall. Wir fahren los und natürlich weigert sich das Baby einzuschlafen, täuscht noch gute Laune vor. Während wir der Destination immer näher kommen, türmen sich am Himmel dunkle dunkle Wolken. Und irgendwie scheinen wir uns aufeinander zu zu bewegen. Nein, heute kein Regen beim Ponyreiten bitte! Das nächste Unheil, das über mir schwebt: “Wird es regnen?”

Rauf auf Pferderücken und Mamabauch

Angekommen hören wir es auch schon donnern. Ich verziehe das Gesicht. Meine Tochter geschockt: “Aber Mama du liebst ja Sommergewitter!” Mhm. Zuhause auf der Couch mit einem Buch und einer Kuscheldecke.
Das Baby ist mittlerweile wirklich müde und wird auf meinen Bauch geschnallt. Buggy kann ich vergessen, bedarf is hier doch horizontaler Bewegung mit genau 10 km/h. Trage kann ich immerhin auf vertikale Bewegung auf einem Standort setzen. Mal schauen, ob ich die Federwiegen-Frequenz hinbekomme.
Während mich das Baby in den Bauch tritt und sich wehrt, als ob ich es festgeschnallt hätte, hab ich ja auch, wird meine Tochter aufgefordert das Pferd zu bürsten. Sieben Kinder stürmen auf das Mini-Pony und starten voller Eifer. Meine Tochter steht wie angewurzelt da, na gut, ich finde nun wirklich auch keine freie Fellstelle, der sie sich widmen könnte. Aber als es den anderen dann zu lästig wird, geht sie doch tatsächlich hin und beginnt die Mähne zu kämmen. So behutsam, dass ich mir denke, jetzt flechtet sie dem Mini-Pferd gleich einen Zopf. Während dessen hüpfe ich auf und ab, mache komische Geräusche und bekomme mitleidige Blicke. Und dann fällt er: Der erste Tropfen.

Merke: Bei schwarzen Wolken, Schirm und Regenjacke einpacken

Gefolgt von einer Million weiteren fetter Regentropfen. Es ist ein regelrechter Regenguss und ich stehe da mit fast nichts an, frierend, brüllendem Baby in der Trage und einem Kleinkind am Bein, dass jammert, dass es nass wird. Uns wird dann lieberweise eine Regenjacke für meine Tochter gebracht, während ich zum Auto hechte und versuche, einen auf MacGyver zu machen. Das Schaf neben unserem Auto schaut mich an und lacht mich tatsächlich aus. Wie beschissen kann dieser Tag eigentlich noch werden.
Ich bastle also aus einer Decke einen Wärmeschutz für den Kleinen und ziehe ihm den Buggy-Regenschutz über. Für mich finde ich immerhin einen kleinen Regenschirm, der mich zumindest vor der Nässe schützt. Dieses blöde Schaf lacht noch immer, als ich so verpackt wieder zur Gruppe zurückkehre.

Ponyreiten macht so viel Spaß

Dann sitzt meine Tochter doch tatsächlich auf dem Pferderücken. Mimik wie drei Tage Regenwetter. Aber als ich sie frage, meint sie, ja gefällt ihr. Ok an emotionalem Ausdruck müssen wir also definitiv arbeiten.
Mittlerweile ist sie trotz Regenjacke patschnass, aber immerhin ist das Baby dank Regengeplätscher eingeschlafen. Unseren Ponyreit-Ausflug in den Wald beenden wir in einem Tipi-Reit-Zelt. Endlich im Trockenen. Der Schirm lässt sich jedoch nicht mehr abspannen, und ich versuche verzweifelt damit keinem ein Auge auszustechen. Bei dem kläglichen Versuch der verrücktem Tante mit dem Buggy-Regenschutz um den Bauch, wacht natürlich das Baby schreien auf und ist wieder grantig. Immerhin huscht meiner Tochter mittlerweile ein Lächeln über die Lippen und sie will nochmal ein paar Runden reiten.

Ich will nach Hause

Ich bin schlussendlich aber heilfroh, dass unser Programm ein Ende findet. Meine Tochter muss die Regenjacke abgeben, also hänge ich ihr den Kinderwagenschutz über und wir laufen zum Auto. Anfangs findet sie das noch lustig, bis sie durch ihren warmen Atem auf dem nassen Regenschutz nichts mehr sieht und zu heulen anfängt. Ich schmeisse diesen verdammten Schirm also auf den Boden, verfrachte das quengelnde Baby in die Babyschale und versuche meine Tochter schnell ins Trockene zu bringen. Blockiert dann tatsächlich dieses blöde Schaf die Tür. Gott sei Dank versteht es meinen tödlichen Blick und rauscht ab. Mittlerweile bin ich komplett geduscht. Die Kinder sind immerhin festgeschnallt, der Schirm wird mit vollem Hass im Kofferraum platziert und als Problem meines Mannes deklariert. Ich steige erschöpft und zum Heulen zu Mute in das Auto und meine Tochter sagt nur:
“Das hat heute richtig Spaß gemacht und war sehr lustig im Regen. Das nächste Mal wünsche ich mir auch wieder ein Sommergewitter!”

Danke. Haben fertig.

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