Der Zauber der Weihnacht kann mich mal

O du grausige,
O du lausige,
virenbringende Weihnachtszeit
Mann ging verloren,
Superfrau ward geboren,
Weiche, weiche doch, o Krankheitszeit!
Ich war immer ein Weihnachts-Fan. Die Vorfreude in der Adventszeit – unbeschreiblich. Selbst mit 20 noch. Mit 22. Mit 23. Mit 25 wurde es dann schon anders. Mein Mann hatte bis dahin schon sieben Jahre erfolgreich als Grinch an mir gearbeitet. Und der Schnee ließ sich auch schon Jahre nicht mehr blicken. Als wir dann Weihnachten immer in die Berge fuhren, weil Schneegarantie, und es dann dort auch keinen Schnee mehr gab, war es vorbei. Weihnachten hat für mich den Zauber verloren.
Weihnachten mit Kind
Dann sagen alle, wenn du mal Kinder hast, lebt der Zauber von Weihnachten wieder auf. Kleiner Hoffnungsschimmer für mich. Jetzt hat die Vor-Weihnachtszeit also offiziell begonnen und alles was bei uns auflebt sind wieder die verdammten Viren. Der Grinch aller Eltern. Somit die besten Kumpel meines Mannes. Ich hab doch tatsächlich noch optimistisch die Lichterkette aufgehängt und den Adventskranz am Tisch drapiert und die Bratwürstl für den Ersten Advent bestellt. Und dann kommt der Mann nach Hause: Ich bin krank! Und das Kind: Meeeeeh Fieber!!!!
Mama macht das schon – Starte Krankenpflege-Programm
Die Fiebernacht war schlimm. Am Kind habe ich mich regelmäßig verbrannt und selbst kein Auge zugetan. Der Mann hustet vor sich hin, steht de facto mit einem Bein im Grab, und ich bin eigentlich von einer anstrengenden Woche komplett geschlaucht. Am Samstagmorgen sieht der Wochenend-Plan also anders aus. Statt: Mann bringt Müll weg und erledigt Besorgungen, kommt: Frau macht alles und pflegt die Familie gesund. Am Morgen also vollkommen geschlaucht, trinke ich meinen Kaffee und schicke die Sterbenden wieder ins Bett. Einstweilen kann ich das Frühstücks-Chaos (alles liegt am Boden, weil essen mag keiner) beseitigen. Zeitgleich versuche ich den Müll zu organisieren: Windeleimer und Schachtelchaos müssen weg! Und nicht vergessen: Unmengen an Leergut, das auf die Erlösung wartet. Das alles organisiere ich mucksmäuschenstill, weil hier wird ja geschlafen. Die Zeit läuft, weil in ein paar Minuten sperren sowohl Altstoffsammelzentrum als auch Bratwurst-Dieler zu. Ich verfrachte alles ins Auto und verliere am Weg jede Menge Müll, stoße mir Arme und Beine an und wecke natürlich das Kind.
Ich hasse Menschen
Es regnet Eis und der Hutträger vor mir fährt 30 km/h statt 100 km/h. Ich schaffe es aber noch rechtzeitig, den Müll abzuladen und zur Bratwürstlbude – zu Fuß dorthin wäre ich nur fast ausgerutscht und hätte mir alle Gliedmaßen gebrochen. Weiter zum Einkaufen drehe ich 10 Parkplatz-Runden bis endlich einer von 100 frei wird. An den Kassen stehen die Menschen kilometerweit an und ich frage mich, ob irgendein Feiertag bevorsteht oder doch mal wieder Weltuntergang. Wahrscheinlich fällt beides auf einen Tag: den 24. Dezember. An der Kassa schaffe ich es wieder mal, dass hinter mir ein unheimlicher Typ schnauft und irgendwas vor sich hin murmelt. Das passiert mir ständig. Bei solchen Leuten funktionieren leider auch keine Todesblicke.
Das Sterben geht weiter
Zuhause gibt es keine Todesblicke sondern Blicke des Todes. Alle jammern. Alle wollen gestillt werden. Die eine mit Busen, der andere mit Essen, ist aber nicht wählerisch, wenn es nur ersteres gibt. Ich räume also Einkäufe weg und beginne zu kochen, um meine Familie wieder auf die Beine zu bringen. Mittlerweile ist es drei Uhr nachmittags und eigentlich sollten wir jetzt mit Freunden ein gemütliches Beisammensitzen haben. Mein Blick trifft die Lichterkette und in diesem Moment würde ich sie am liebsten runterreißen. Scheiß Advent.
Weihnachtsstimmung wo bist du?
Am Abend sitze ich also auf der Couch, laufe alle 15 Minuten zum weinenden Kind und lasse meinen Frust hier beim Schreiben aus. Die Lichterkette hängt noch. Ein bisschen Schnee liegt auch. Aber irgendwie habe ich mir das doch anders vorgestellt. Was meinten die alle, wenn sie davon sprachen, dass mit Kindern Weihnachten wieder besonders wird? Wenn die doch alle 2 Tage an einer anderen Krankheit leiden. Vermutlich zischen die sich alle Medikamente rein und halluzinieren von Englein und Lichtlein. In diesem Sinne:
Alle Jahre wieder
kommt der Virus-Grind
auf die Erde nieder,
wo arme Eltern mit infektanfälligen Kindern sind