Die Nacht – im Protokoll

Die Frage des Durchschlafens. Also ich persönlich finde ja, dass die immer falsch gestellt wird. Wen interessiert es denn bitte wirklich, ob die Kinder durchschlafen. Das wahre Problem ist, ob die Eltern durchschlafen! Ich bin nämlich der fixen Überzeugung, dass unser Kind durchschläft. Ich aber nicht. Wie kann das also sein? Ich habe letzte Nacht mal Protokoll geführt:
22:40 Uhr
Wir gehen ins Bett. Zuerst wird die Katze lokalisiert. Und dann mit ziemlich uneleganten Moves ins Schlafzimmer im Gänsemarsch geschlichen, dabei die Türe möglichst leise und schnell wieder geschlossen, damit die Katze nicht eindringt. Kurzer Stau vorm Gitterbett, bis wir entscheiden wer vor geht und wer das Babyfon ausmacht. Danach der obligatorische Zehen-gegen-die-Bettkante-Stoß des Mannes und wir sind im Bett.
22:43 Uhr
Vorsichtiges Finden einer bequemen Situation im Bett, dessen Aktion möglichst wenig Geräusche machen soll. Die einzelnen Bewegungsabläufe werden vorab durchdacht.
22:46 Uhr
Ich liege bequem. Der Mann schläft seit 22:43 Uhr.
22:47 Uhr
Ich liege doch nicht bequem und drehe mich vorsichtig auf die andere Seite. Bauchlage. Ein Bein ausgestreckt, das andere bis unters Kinn angezogen. Oh ja…
22:55 Uhr
Kind schreit auf. Ich versuche vorsichtig den leuchtenden Schnuller in den Mund zurückzuführen. Das Kind reisst sich den Schnuller aus dem Mund und jammert weiter. Ich hieve mich in ihr Bett, die Bettkanten geschmeidig zwischen zwei Rippen platziert und stille.
23:00 Uhr
Kind dreht sich weg und schläft weiter. Ich versuche meine angenehme Position wiederzufinden.
23:03 Uhr
Lagewechsel
23:05 Uhr
Lagewechsel
23:07 Uhr
Es ist heiß. Ein Bein kommt unter der Decke hervor. Viel besser. Ich beginne wieder wegzuschlummern.
23:15 Uhr
Kind schreit auf. Schnuller wird nicht mehr ganz so vorsichtig in den Mund zurückgeschoben. Kind reisst in raus. Selbes Spiel noch zweimal. Ich hieve mich wieder rüber und stille die andere Brust. Muss dabei Gleichgewicht halten, um nicht auf sie rauf zu fallen.
23:20 Uhr
Kind schläft wieder. Ich scheiße auf eine bequeme Liegeposition und dreh mich auf den Rücken. Ich bin putzmunter.
23:45 Uhr
Kind schreit auf. Jetzt reicht’s. Ich schiebe den Schnuller in den Mund und lege die Hand drauf. Drin bleibt er!
23:46 Uhr
Kind schläft weiter.
24:00 Uhr
Ich glaube ich schlafe.
02:00 Uhr
Die Katze will ein Loch durch die Tür graben. Das Kind wird unruhig und jammert. Ich hieve mich rüber ins Bett, diesmal balanciert eine Rippe an der 2 cm Bettkante. Ich stopfe ihr Busen in den Mund und halte ihr das freie Ohr zu. Sie döst und nuckelt weiter.
02:15 Uhr
Die Katze hat aufgegeben und zerlegt irgendetwas im Vorraum. Ich löse mich von meiner unbequem eingenommenen Schutzstellung und rolle auf den Rücken. Ich habe immense Rücken- und Rippenschmerzen. Zudem habe ich einen Muskelkater in der Schulter vom Ohren-Zuhalten.
02:16 Uhr
Ich drehe mich auf die andere Seite, um den Arm unter dem Kopfkissen nach oben zu dehnen. Unangenehm.
02:17 Uhr
Ich drehe mich auf die andere Seite und stopfe Decke unter die Schulter und versuche locker zu lassen.
02:18 Uhr
Die Schulter tut einfach scheiß weh. Ich drehe mich auf den Rücken und gebe mich dem Schmerz hin.
06:50 Uhr
Ich schaue auf die Uhr.
Verdammt es ist gar nicht 06:50 Uhr.
02:30 Uhr
Der Mann schnarcht. Ich teile Tritte aus. Die Katze beginnt zu miauen.
02:35 Uhr
Keine Bewegung, die Katze oder Kind aufhorchen lassen könnte. Ich liege angespannt im Bett und versuche geräuschlos den Mann mit Tritten zur Seitenlage zu drängen.
06:10 Uhr
Das Kind beginnt aufzuwachen und rollt sich auf den Bauch. Ich schubse sie zurück und hebe Kopf und Popo in mein Bett. Nehme sie in den Schwitzkasten, halte den Finger auf den Schnuller.
06:15 Uhr
Sie ist wieder eingeschlafen. Der Wecker vom Mann klingelt.
06:30 Uhr
Wir sind alle munter. Oder waren wir das nicht eh die ganze Zeit?
5 Comments
[…] da steht, man muss die Nächte minutiös protokollieren (Als ob ich das nicht schon gemacht hätte: Die Nacht im Protokoll). Subtil kleine Änderungen vornehmen. Mal Busen vorm Einschlafen wegnehmen, mal nur reden und gar […]
[…] jemand neben mir jammert und acht Mal davon ist es das Kind. Oder etwas Ähnliches, wie bereits hier schon ausführlichst protokolliert. Meine Geduld ist defakto nicht vorhanden, oder war es auch nie. […]
[…] gibt es wahrscheinlich ein neues Protokoll der Nacht (wie das hier), weil sich schon wieder alles ändert. Und damit meine ich wirklich alles. Aber derzeit wird meine […]
[…] warum sagt mir das denn nicht gleich jemand, dass unsere schlimmen Nächte (siehe Die Nacht im Protokoll und Die Nachtschichten der Cruella de Ville) einen klitzekleinen Verursacher haben? Der erste Zahn! […]
[…] Habe ich dann endlich akzeptiert, dass mein Abend vorbei ist und ich ins Bett gehe, geht es meistens stündlich, wenn nicht sogar mal alle halben Stunden mit Unruhe weiter. Sprich, ständiges rüber ins Bett Wuchten, Bettkante zwischen den Rippen (siehe Die Nacht im Protokoll). […]